Gekonntes Plaudern mit dem Patienten

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In einem neuen Kurs an der Uni Köln lernen Zahnmedizin-Studenten den Umgang mit den Patienten. Das Konzept haben Zahnärzte und Psychologen entwickelt. Bestandteil des Seminars ist ein Rollenspiel. Kommunikation auf dem Zahnarztstuhl – auf den ersten Blick scheint das nicht so recht zusammenzupassen: Der Arzt werkelt mit verschiedenen Instrumenten im Mund des Patienten herum, eine Unterhaltung ist in dieser Situation nur schwer möglich. Dennoch: Wie bei jedem Mediziner spielt die Kommunikation eine wichtige Rolle, um ein gutes Arzt-Patienten-Verhältnis zu schaffen. In der Humanmedizin wird der Umgang mit Patienten bereits im Studium geübt – bevor die Studierenden ihr Praktisches Jahr (PJ) antreten.

Seit zwei Semestern ist der so genannte PJ-Start-Block fest in der humanmedizinischen Ausbildung integriert. Eine Woche lang trainieren Studierende mit Simulationspatienten den Krankenhausalltag und Patientengespräche. Die zahnmedizinische Ausbildung dagegen ist in Deutschland bislang sehr technisch geprägt. In der Medizinischen Fakultät der Kölner Universität soll dies nun anders werden.

„Handwerkliches Geschick steht auch im Sinn des Patienten weiterhin außer Frage“, erläutert Christoph Stosch, Referent für Lehre, Studium und Studienreform an der Medizinischen Fakultät. „Dennoch entspricht dies allein nicht mehr den Ansprüchen, die Patienten an den Zahnarzt von heute stellen und die nach der Europäischen Vereinigung für die Zahnärztliche Ausbildung (ADEE) beschrieben sind.“ Kein Wunder: Die deutsche Ausbildungsordnung für Zahnmedizin wurde 1955 verabschiedet. Eine neue wurde zwar inzwischen fertiggestellt, doch müssen die Landesministerien ihr noch zustimmen. „So lange wollen wir nicht warten“, so Stosch. Daher modernisiert die Kölner Uni die Ausbildung schon jetzt – und orientiert sich an den Leitlinien der ADEE zur Verbesserung des Curriculums.

Ein entscheidendes ADEE-Kriterium ist Stosch zufolge die Vermittlung von kommunikativen und sozialen Kompetenzen. Zu diesem Zweck hat die Medizinische Fakultät zusätzliches Personal eingestellt. Im vierten Semester nehmen die Studierenden an einem zweitägigen Kommunikationsseminar teil. Sie üben unter anderem aktives Zuhören und Patientengesprä che. „Der Kurs dient der Vorbereitung auf die Arbeit am Patienten“, sagt Stosch. Er wird in diesem Semester zum ersten Mal durchgeführt. Zahnärztin Jana Kupke und Michael Wicht, Oberarzt der Abteilung für Zahnerhaltung, haben das Konzept gemeinsam mit Psychologen entwickelt und leiten die zweitägigen Seminare, die künftig in Kleingruppen mit jeweils 15 Studenten stattfinden.

Finanziert durch Studienbeiträge

Finanziert wird das Projekt durch Studienbeiträge im Rahmen der Rektoratsausschreibung „Innovationen in der Lehre“. Die Fördermittel von insgesamt 150 000 Euro stehen der Fakultät für zwei Jahre zur Verfügung. Stosch fürchtet, dass mit dem geplanten Wegfall der Studiengebühren ab dem Wintersemester 2011 / 12 das Projekt nicht länger zu realisieren sein wird. Am ersten Tag lernen die Teilnehmer allgemeine Kommunikationsregeln zunächst in der Theorie. Im anschließenden Rollenspiel geht es um Alltagssituationen: „Es ist für die Studenten leichter, sich zunächst ausschließlich auf die Kommunikation zu konzentrieren, abseits vom zahnmedizinischen Hintergrund“, sagt Kupke. Nachgestellt werden Streitsituationen in einer Wohngemeinschaft. In einer Feedback-Runde schildern die zuschauenden Teilnehmer, was sie beobachtet haben, bevor die agierenden Studenten ihre Wahrnehmung in der jeweiligen Situation schildern.

Am zweiten Seminartag wird es konkreter: In einem Rollenspiel mit einem Schauspielpatienten simulieren die Studenten ein Arzt-Patienten-Gespräch. „Das Thema »Kommunikation« ist ein sehr spannendes Thema, nicht nur im Beruf, sondern auch privat“, sagt Wicht. „Leider gerät das häufig in Vergessenheit.“ Die Patienten wüssten oft nicht, was mit ihnen passiert, Ärzte erklärten nicht genügend. „Ich glaube, der Arzt der Zukunft muss die kommunikativen Kompetenzen beherrschen.“ Doch noch sehe die Realität anders aus: „Jeder Starbucks-Verkäufer ist in der Hinsicht besser geschult als der Durchschnittsarzt.“ Die angehenden Zahnärzte nehmen das Angebot dankbar an: „Ich war erst skeptisch“, gesteht Christine Müller. „Aber der Kurs hat mir viel gebracht.“

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